Darf es etwas mehr Perspektivwechsel sein? Ja, klar! 

https://www.flickr.com/photos/boristhaser/26771135324/in/photostream/

Darf es etwas mehr Perspektivwechsel sein? Ja, klar! 

  • Es gibt mehr als „Die Guten“ und „Die Bösen“
  • Der Perspektivwechsel ist ein Grundprinzip des interkulturellen Lernens
  • Ich kann überall da Wurzeln schlagen, wo ich leben möchte, ohne dabei Angst haben zu müssen jemandem etwas wegzunehmen

Diese Fragestellung hat mich zuletzt nach einer Ballettvorstellung von Aschenputtel beschäftigt. Denn in “RUß – EINE GESCHICHTE VON ASCHENPUTTEL” wird die Geschichte aus einer anderen Perspektive erzählt. Indem eine Geschichte nicht aus den Augen der Hauptfigur erzählt wird,

“sondern wenn man sich dieselbe Geschichte aus der Sicht eines der sogenannten Bösewichte vor Augen führt: Ist das „Böse“ nicht nur eine Frage der Perspektive?”  

Zugegeben, ich mag Märchen wegen ihrer klaren Sprache.  Meine Kinder lieben es, Märchen zu lesen bzw. vorgelesen zu bekommen, denn die klare Sprache hilft komplexe Sachverhalte einfach zu verstehen und sich daraus mit Kinderaugen Fragen zu stellen: wie wäre es, wenn die “Bösen” nicht so böse sind, sondern ihr Handeln und Verhalten das Ergebnis ihrer gelebten Erfahrungen ist? Und was ist, wenn die Guten nicht so gut sind, wie wir es aus der Erzählung annehmen? 

Die weltweiten Krisen, die komplexen Zusammenhänge, in denen wir leben, die Geschwindigkeit, in der unser Leben sich verändert, Social Media und vieles mehr macht uns dafür anfällig in einer bi-polaren Welt mit eindeutigen “Guten” und “Bösen” leben zu wollen. Nach dem Motto: Wenn du nicht mein Freund bist, bist du mein Gegner. So schütze ich mich und komme gut durch diese multiplen Krisen. Oft wünsche ich mir Klarheit und Einfachheit in meinen Gedanken. Ich möchte wissen, wer die “Guten” und wer die “Bösen” sind und alles in diese zwei Raster einordnen können. Aber ist das nicht zu einfach gedacht? Wo bleiben alle anderen Farben des Lebens? 

https://www.bookdepository.com/1492-Native-Americans-Discovered-Columbus-Lost-at-sea-Marianne-Sommer/9781694450487

Manchmal frage ich mich z.B., was meine schwerhörige Tochter denkt, wenn sie andere lautstarke Menschen in der “Hörenden Welt” sieht, die das gesprochene Wort brauchen, um gehört zu werden, während sie mit einfachen und sanften Hand- und Mundbewegungen in Gebärdensprache viel effektiver kommunizieren kann.  

Ich frage mich auch wie ich mit “Menschen ohne Migrationshintergrund” umgehen soll, wenn sie sich in gesellschaftlichen Themen das Leben mit Gedanken und Diskussionen zu migrantischen Themen so schwer machen, ohne mich dabei einfach zu fragen, was ich zu sagen habe. 

Ich finde es seltsam zu hören und daher teile ich nicht den Gedanken, dass Menschen, die hier schon lange beheimatet sind, einen Schritt zurücktreten müssen, um den Kreis zu öffnen für diejenigen, die in der Gesellschaft “neu” oder “anders” sind und daher außerhalb stehen, sei es in Integrations- oder Inklusions-Fragen. 

Der Perspektivwechsel als Grundprinzip des interkulturellen Lernens, bedeutet nicht, dass eine Seite auf etwas verzichten muss. Vielmehr geht es darum, die Notwendigkeit anzuerkennen, dass z.B. “Menschen mit Migrationshintergrund” bereits zum Teil schon lange in Deutschland sind, nur habe ich sie eventuell noch nicht gesehen und wahrgenommen, geschweige denn mich für sie und ihre Anliegen wirklich interessiert. 

Vor wenigen Wochen habe ich besser verstanden, dass es wichtig ist, anzuerkennen, dass ich frei entscheiden kann, wo ich leben möchte. Ich kann überall da Wurzeln schlagen, wo ich leben möchte, ohne dabei Angst haben zu müssen jemandem etwas wegzunehmen (Danke Gabi Zimmermann!).  

Ist nicht alles etwas nur eine Frage der Perspektive?

Wir alle haben in der Gesellschaft das Recht zu erfahren, dass uns ein Platz zusteht. Dafür muss niemand Platz machen, höchstens etwas mehr Gefühl und Offenheit haben, denn warum soll die Gesellschaft nur die eine Seite der vorhandenen Kraft in Anspruch nehmen, anstatt den integrativen und inklusiven Kräften mit all ihrer Erfahrung, ihrer Kultur und ihrem Wissen? 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.